7. EUFEP Kongress

COVID-19-Pandemie – Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Praxis

1. Juni 2022
Danubium Tulln, Niederösterreich Österreich

Beim bereits 7. Kongress des Europäischen Forums für Evidenzbasierte Prävention (EUFEP) drehte sich alles um „COVID-19-Pandemie – Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Praxis“. Unter den Vortragenden war etwa Anna Petherick von der Blavatnik School of Government an der Universität Oxford (England). Sie präsentierte den Oxford COVID-19 Government Response Tracker (OxCGRT). Das Datenprojekt zeichnet nach, wie unterschiedliche Länder weltweit auf die Pandemie reagiert haben und reagieren, um den Umgang mit ähnlich herausfordernden Situationen in der Zukunft zu erleichtern. Das Projekt setzt stark auf Citizen Science und die Mitarbeit von mehr als 850 Freiwilligen. Mehr als 190 Länder sind im OxCGRT erfasst, die Daten sind online frei zugänglich und werden laufend aktualisiert: https://github.com/OxCGRT/covid-policy-tracker

Die COVID-19-Pandemie aus der Perspektive der österreichischen Bevölkerung

Jakob Moritz Eberl von der Universität Wien präsentierte erste Ergebnisse des Austrian Corona Panel Projects[IS1] , das über eine mehrwellige Online-Panel-Befragung die wirtschaftlichen, psychischen, sozialen und politischen Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die österreichische Bevölkerung erfasst. Zum Thema Impfbereitschaft zeigte sich eine starke Polarisierung innerhalb der österreichischen Bevölkerung. Eberl betonte, wie wichtig es ist, differenzierter zu kommunizieren und dass Impfkampagnen gezielter vorbereitet werden müssen und sich primär an noch zögerliche Menschen richten sollten. Für die Einhaltung von Maßnahmen sind soziale Normen entscheidend, und die Unterstützung der Bevölkerung ist unbedingt erforderlich. Verschwörungsmythen, die durch Populismus gefördert werden können, wirken einer effektiven Pandemiebekämpfung entgegen. Dagegen sollte das Vertrauen in politische und gesellschaftliche Institutionen wieder gestärkt werden. Pandemie-Maßnahmen sollten laufend evaluiert und die Wissenschaftskommunikation gestärkt werden.

Herausforderung Krisenkommunikation

Für Michael Bang Petersen von der Universität Aarhus (Dänemark) ist es entscheidend, transparent zu kommunizieren. Auch bestehende Unsicherheiten sollten nachvollziehbar vermittelt werden. Das trägt dazu bei, das Vertrauen der Bevölkerung auch bei negativen Ereignissen zu erhalten. Nehmen Effekte (wie etwa Pandemiemüdigkeit) zu, hat das negative Auswirkungen auf das Vertrauen in Entscheidungsträgerinnen und -träger bzw. das Pandemiemanagement, und Verschwörungstheorien erhalten größeren Zulauf.

Sichtweisen internationaler Expertinnen und Experten

Karen Kastenhofer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) stellte in ihrem Vortrag das Projekt „COVID-19 – Voices from Academia“, eine Kooperation der ÖAW mit wissenschaftlichen Akademien in Brasilien, Kanada und China, vor. Das Projekt erhob zwischen Mai und September 2021 die Meinung von unterschiedlichen Expertinnen und Experten zur COVID-19-Pandemie. Diese nahmen eine große Bandbreite an Nebeneffekten wahr. Es zeigten sich aber auch Kopplungseffekte (mehr negative Effekte, wenn bestimmte Eigenschaften vorliegen, wie z.B. Alter und Armut oder Krankheit und Armut …). Chancen hingegen könnte die Pandemie durch die sprunghafte Digitalisierung, die verstärkte internationale Zusammenarbeit usw. bringen. Was die Vorsorge ähnlicher Krisen betrifft, stellten die Expertinnen und Experten einen Paradigmenwechsel fest, etwa bei der Produktion von Waren.

Die Schulen während der COVID-19-Pandemie

Martin J. Tomasik vom Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich (Schweiz) sprach über die Folgen von Schulschließungen auf die Lernleistungen von Kindern und Jugendlichen. Eine Studie, die die Lernfortschritte in Mathematik und Deutsch von Schülerinnen und Schülern in der Schweiz während der pandemiebedingten Schulschließungen erhoben hat, zeigte, dass sich Mittelschulen und Gymnasien in der Schweiz weitgehend resilient erwiesen, bei Volksschulen hingegen kam es zu einer Verlangsamung und zu Abweichungen im Lernfortschritt. Die Daten ließen jedoch offen, welche Kinder besonders betroffen waren.

Stephan Huber von der Pädagogischen Hochschule Zug sprach über das Schul-Barometer (www.schul-barometer.net), das die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Schule und Bildung analysiert und das Ziel verfolgt, die beteiligten Akteure so aktuell wie möglich unterstützen zu können. Covid hatte zahlreiche Auswirkungen im Bildungsbereich. Schulen waren stark gefordert, zu allen Phasen der Pandemie, manche betroffenen Gruppen stärker als andere. Zu den zehn aus dem Schul-Barometer resultierenden Empfehlungen zählt daher unter anderem auch, belastete Gruppen besser zu unterstützen.

Auswirkungen der Pandemie auf das Setting Arbeit

Esther Rind vom Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung der Universität Tübingen (Deutschland) sprach über ein Projekt, das erhebt, wie Unternehmen in Deutschland Arbeit unter den Bedingungen der Pandemie gestalten und was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über arbeitsbezogene Infektionsrisiken sowie Schutz- und Hygienemaßnahmen denken. Die vorläufigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Verärgerung und Frustration ausgelöst durch die Infektionsschutzmaßnahmen in einem transnationalen Großbetrieb niedriger sind als bei anderen Beschäftigten in Deutschland. Die Haltung gegenüber den Schutzmaßnahmen ist überwiegend positiv. Für Führungskräfte ist es wesentlich, eine Kultur des Vertrauens zu schaffen: Sie agieren als Vorbilder und müssen Ermüdungserscheinungen innerhalb des Teams während der Pandemie auffangen. Sie sollten eine umfangreiche Kommunikationsarbeit leisten, Kontakte gut pflegen und auch dazu fähig sein, Kontrolle abzugeben.

Auswirkungen von Post-COVID auf die Arbeitsfähigkeit

Das Post-COVID kann sich auch noch Monate nach der Erkrankung zeigen, so Christina Lemhöfer, Universitätsklinikum Jena. Sowohl die Arbeitsfähigkeit an sich als auch die Leistungsfähigkeit kann beeinflusst sein. Starke Einschränkungen der Produktivität bei eigentlich arbeitsfähigen Menschen führen zu ähnlich hohen Kosten wie eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit. Hier braucht es therapeutische Maßnahmen, eine Vernetzung zwischen Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern sowie den Hausärztinnen und Hausärzten.

Psychische Auswirkungen durch COVID-19 auf junge Menschen

Die psychische Belastung der österreichischen Bevölkerung hat während der Pandemie stark zugenommen, wobei Jugendliche und jüngere Menschen am stärksten betroffen sind, erläuterte Andrea Jesser vom Department für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität für Weiterbildung Krems, die betont, dass die Möglichkeit, in die Schule zu gehen, sehr wichtig für die psychische Gesundheit von jungen Menschen ist. Bei der Erhebung unter österreichischen Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren ab Februar 2021 zeigten sich signifikant schlechtere Werte in den Bereichen Depression, Angst, Schlaf und Stresserleben, wenn die befragten Jugendlichen weiblich waren, sie ein diverses Geschlecht hatten und einen Migrationshintergrund aufwiesen. Am meisten belasteten die Jugendlichen schulische Sorgen, Einschränkungen im Sozialleben und fehlende Kontakte sowie selbst-bezogene Sorgen wie Zukunftsängste, negative Gedanken bzw. Gefühle und Antriebslosigkeit. Fast die Hälfte der Befragten wünscht sich professionelle Hilfe. Die Jugendlichen wünschen sich mehr Verständnis für psychische Probleme und schulische Überforderung. Es braucht weniger Leistungsdruck, mehr konkrete Hilfestellungen und bessere Informationen, die Thematisierung und Entstigmatisierung psychischer Probleme in der Schule und mehr – vor allem niederschwellige - Unterstützung für psychische Gesundheit für junge Menschen.

Anleitung zur Selbsthilfe bei psychischen Problemen von Jugendlichen

Ein Projekt zur evidenzbasierten Prävention für Jugendliche mit psychischen Problemen präsentierte Christoph Pieh vom Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit der Universität für Weiterbildung Krems. Die Website istokay.at (https://www.istokay.at/) bietet Jugendlichen mit Hilfe von Videos, kurzen Umfragen zur Selbsteinschätzung der persönlichen Situation, weiterführenden Links und einfachen Empfehlungen eine erste, niederschwellige Anlaufstelle bei psychischen Problemen. Sie finden dort grundlegende Informationen zu den Themen Depression, Ängste, Schlafstörungen und Stress. Weitere Videos gibt es auch zu Themen, wie etwa Magersucht, Onlinegaming und Suchterkrankungen. Hinter der Website istokay.at steht ein gemeinsames Team der Universität für Weiterbildung Krems und der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Medizinischen Universität Wien. Das Projekt zur Selbsthilfe bei psychischen Problemen wird auch wissenschaftlich evaluiert. Die Rückmeldungen der Nutzerinnen und Nutzer geben Aufschluss darüber, ob die Website ihre Wirkung erfüllt und tragen zu einer laufenden Verbesserung bei. Auf Instagram: https://www.instagram.com/istokay.at/

Lessons Learnt aus zwei Jahren COVID-19-Pandemie-Erfahrung in Österreich

Über Lektionen der vergangenen zwei Pandemie-Jahre sowie Lösungsansätzen diskutierten Jakob-Moritz Eberl, Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes, Dorothee von Laer, Medizinische Universität Innsbruck, und Eva Schernhammer, Medizinische Universität Wien unter der Moderation von Wissenschaftsjournalistin Astrid Kuffner.

Programm 1. Juni

9.00 - 9.15

   

Begrüßung und Eröffnung

 

 

Begrüßung: Gerald Gartlehner, Universität für Weiterbildung Krems 
Landesrat NÖGUS-Vorsitzender Martin Eichtinger

Moderation: Astrid Kuffner, Wissenschaftsjournalistin 

9.15 - 10.15

 

Plenum: COVID-19-Pandemie – eine (inter)nationale Perspektive

9.15 – 9.45

 

1. International response to COVID mitigation policies how countries managed the pandemic
Anna Petherick, Universität Oxford  

9.45– 10.15

 

2. COVID-19-Pandemie aus Sicht der österreichischen Bevölkerung Rückblick und Ausblick
Jakob-Moritz Eberl, Universität Wien

10.15 - 11.00 

 

Podiumsdiskussion

   

Lessons Learnt aus zwei Jahren COVID-19-Pandemie-Erfahrung in Österreich mit
Dorothee von Laer, Medizinische Universität Innsbruck 
Eva Schernhammer, Medizinische Universität Wien, Zentrum für Public Health
Jakob-Moritz Eberl, Universität Wien
Gerry Foitik, Österreichisches Rotes Kreuz

11.00 –11.15 

 

Kaffeepause 

     

11.15 –12.15

 

Session 1: Unter Kontrolle? Die Pandemie aus interdisziplinärer Perspektive 

11.15 –11.35

 

1. The importance of good communication in times of COVID-19
Michael Bang Petersen, Universität Aarhus

11.35 –11.55

 

2. Globale Expert*innenmeinungen zur COVID-19-Pandemie - ein transdisziplinärer Ansatz
Karen Kastenhofer, Österreichische Akademie der Wissenschaften

11.55 –12.15

 

Diskussion 

12.15 –13.15

 

Mittagspause 

     

13.15 –14.10

 

Session 2: Lernen und Lehren unter COVID-19-Bedingungen 

13.15 –13.35

 

1. Folgen von Schulschließungen auf die Lernleistungen
Martin Tomasik, Universität Zürich

13.35 –13.55

 

2. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Schule und Bildung
Stephan Huber, Pädagogische Hochschule Zug

13.55 –14.10

 

Diskussion

14.10 –14.30

 

Kaffeepause

     

14.30 –15.25

 

Session 3: COVID-19 und ein verändertes Arbeitsleben 

14.30 –14.50

 

1. Arbeitsbedingungen und Arbeitsgestaltung während der COVID-19-Pandemie 
Esther Rind, Universitätsklinikum Tübingen

14.50 –15.10

 

2. Auswirkungen von Long-COVID auf die Arbeitsfähigkeit
Christina Lemhöfer, Universitätsklinikum Jena

15.10 –15.40

 

Diskussion

15.40 –16.35

 

Session 4: Mentale Belastungen durch COVID-19 

15.40 –16.00 

 

1. Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf die Psyche
Andrea Jesser, Universität für Weiterbildung Krems

16.00 –16.20

 

2. Evidenzbasierte Prävention für Jugendliche mit psychischen Problemen 
Christoph Pieh, Universität für Weiterbildung Krems 

16.20 –16.35

 

Diskussion 

16.35 –16.40

 

Verabschiedung durch Gerald Gartlehner

Anreise

Danubium
Brüdergasse 1-3
3430 Tulln an der Donau

Anreise mit dem Auto
Das Danubium von Wien kommend über S5, Richtung Tulln/Zentrum, nach der Donaubrücke Kreisverkehr zweite Ausfahrt auf Wiener Strasse bis Nibelungengasse, rechts in Nibelungengasse, links in Albrechtsgasse bis. Parkhaus. Eine Parkgarage gibt es auch am Hauptplatz. Auch die Parkplätze rund um das Danubium sind gebührenpflichtig.

Anreise mit den Öffis
Zug bis Stadtbahnhof Tulln. Von dort sind es nur 8 Gehminuten zum Danubium.
Oder: Zug in Richtung Bahnhof Tulln, Bahnhofsplatz Bus 410, 542, 543 bis Schubertpark

Veranstaltungsort

Das Danubium  – der Stadtsaal in Tulln 
Das Danubium bietet Kapazität und Vielseitigkeit für Events aller Art
www.danubium.at

Tulln an der Donau
Tulln ist zweifellos DIE ökologische Gartenhauptstadt Österreichs und ein besonderes Ausflugsziel in Niederösterreich und rund um Wien. Prächtige Grün- und Gartenräume ziehen sich durch das gesamte Stadtgebiet, liebevoll gestaltete Ruheoasen laden zum Verweilen ein und lebendige Wasserlandschaften sind ein Paradies für Natur- und Sportbegeisterte zugleich. Ein facettenreiches Kunst- und Kulturprogramm rund um Tullns berühmtesten Sohn, Egon Schiele, verleiht der Stadt an der Donau ihr einzigartiges Flair.
erleben.tulln.at